19 Mai 2009

Binswanger, Sloterdijk und das Grundeinkommen


(Verlesen der Sendschrift, Enrico Lenzin, Peter Surber, Matthias Kuhn)

Kulturlandsgemeinde Heiden im Appenzell bei St. Gallen

Die Landsgemeinde – für Nicht-Schweizer sei es erklärt – ist das Stimmvolk einer Gemeinde, das aus Tälern und von Bergen zusammenkommt an einen Ort, auf einem Markt, um per Handheben abzustimmen über die politischen Fragen. Direkte Demokratie in Urform. Schön anzusehen, aber heute kaum mehr praktikabel, abgeschafft darum in fast allen Kantonen der Schweiz, in Appenzell Ausserrhoden 1997. Dabei war hier doch 1989 gerade erst das Stimmrecht auch für Frauen eingeführt worden.


(Hans Christoph Binswanger)

Die Kulturlandsgemeinde versucht nun, die Tradition als kulturellen Austausch zu wichtigen Zeitfragen wieder zu beleben. "Millionen Milliarden" war das Thema. Hans Christoph Binswanger, "Geld und Magie" sein Buch, erimitierter Professor der Uni St. Gallen, sprach beeindruckend von Geldes Macht und Geldschöpfung im Faust, selbst mit Schopenhauerfrisur und profund Goethe rezitierend.

Enno Schmidt stellte das Grundeinkommen vor. Suna Yamaner gab Antworten auf die Finanzkrise aus Frauensicht. Mit Pep und Humor befeuerte die Powerpoint Präsentation der Betriebswirtschaftlerin in allen Punkten das Grundeinkommen. Workshops fanden statt und über Nacht wurde Geld gedruckt, viel Geld. Nur um mal eine Gefühl zu bekommen für die Summe, mit der der Staat die Banken rettet. Über hundert Jahre müssten sie in Heiden Geld drucken, um die Summe zu erreichen.


(Peter Sloterdijk)

Die Kulturlandsgemeinde hätte schon fast für das bedingungslose Grundeinkommen votiert, da sprach Peter Sloterdijk brillant und unterhaltsam und gab zum Grundeinkommen besorgte Auskunft, dass die Menschen über eine solche Alimentierung von Staatwegen ab der Geburt in ihrem Leben nicht mehr hinweg kämen. Als hilfsbedürftig, als arm verschütte das Grundeinkommen die Menschen. Doch reich seien sie und auch das ihr Reichtum, sich selbst den Weg zu bahnen. Sein neues Buch: "Du musst Dein Leben ändern." Später im Interview mit grundeinkommen.tv ergänzte er, dass unser Luxusstandart, dass Reichtum einer Umdeutung bedürfe, dass Reichtum zu spiritualisieren sei, zu vergeistigen. Nicht weiter zu materialisieren. Materieller Reichtum sei endlich, stoße an Grenzen und werde zerstörerisch, geistiger hingen ist unendlich, teilbar ohne abzunehmen, wird mehr, umso mehr teilhaben. Doch da war – oh Panne – unser Mikro ausgeschaltet. Das Interview Erinnerung.
In der Kulturlandsgemeinde waren dennoch viele bewegt vom Grundeinkommen. Mit ihnen strahlt es weiter in die Schweiz.

Sendschrift der Kulturlandsgemeinde als PDF

Video-Bericht bei art-tv.ch

1 Kommentar:

karlo hat gesagt…

Bedingungsloses Grundeinkommen ja. Aber nur auf einem global nachhaltigem Niveau.

Gesundes Essen, Trinkwasser und Krankenversorgung sollte überall auf der Erde für alle Menschen garantiert sein.

Wer mehr will, soll arbeiten gehen.
Auch im reichen Westen.

Globalisierungskritiker aus Industriestaaten gehts es nur um Erhalt ihres westlichen Lebensstandarts,auch wenn auf Kosten der Bevölkerung aus ressourcenreichen Diktaturstaaten.

Das global nachhaltige Niveau liegt heutzutage bei einem Durchschnittsinder.

Der Durchschnittsschweizer hat 1969 global nachhaltig gelebt.
Sind wir seit damals zufriedener, glücklicher, sozialer, gesünder?

Im Gegenteil: die Biokapazität hat sich seit jener Zeit aufgrund der Ressourcenverschwendung halbiert.

Heute könnten wir aufgrund der noch vorhandenen globalen Ressourcen auf dem Niveau eines Bürgers in der Schweiz von 1942 leben.

Aber auch diese waren nicht unglücklicher, unzufriedener als heutige Sozialhilfebezüger.

Wenn ich meine Kinder frage, ob sie sich arm fühlen, (wir brauchen halb soviel wie das Existenzminimum unseres Landes), dann krieg ich immer zur Anwort: "wir gehören zu den Reichsten der Erde."
Trotzdem höre ich von anderen Eltern und Lehrern nur, wie sozial kompetent, vorbildlich für andere Kinder, selbständig, bewusst, kreativ, unsere Kinder sind.

Wann schafft unsere Gesellschaft endlich den Übergang in den Postmaterialismus?

Wann wird unsere westliche Gesellschaft nicht nur global nachhaltig sondern auch global zufrieden?
Dh nicht nur materiell vorbildlich sondern auch im Umgang mit den Ärmsten nachhaltig.