22 September 2010

20 September 2010

Initiative Grundeinkommen - Newsletter Herbst 2010



Die Idee des bedingungslosen Grundeinkommens bildet sich aus. Manchmal prominent, oft im Kleinen. Am 8. November erstmals auf einer veritablen Bühne des öffentlich-rechtlichen Lebens. Es kommt zur Anhörung der Grundeinkommenspetition von Susanne Wiest im Deutschen Bundestag. Eine Petition hat zwar noch keine rechtliche Verbindlichkeit, aber sie ist ein Seismograph für Zukunft, macht sichtbar, erlebbar und in grösserem Rahmen besprechbar. Die Anhörung fällt auf den Vortag des 21. Jahrestages des Berliner-Mauerfalls. Gutes Omen? Jetzt geht es um die Mauer in den Köpfen.
Wir sind gespannt auf die kommenden Ereignisse.

Hier der Newsletter als PDF
Mit ausgewählten Grundeinkommens-Highlights und Terminen

19 September 2010

Blick und SonntagsZeitung thematisieren das Grundeinkommen

In der SonntagsZeitung
Ein nüchternes, blickerweiterndes, sachliches Interview mit Götz Werner:
«Das ist Unsinn. Arbeit muss man erledigen, nicht sichern»
Von Philip Löpfe

Im Blick
Ein reisserischer, blickverdrehender, unsachlicher Bericht:
"Wird man wirklich für 12.60 Franken am Tag satt?"
Von Werner Vontobel

Zum Verständnis von Zahlen zum Grundeinkommen:
Das Grundeinkommen würde in der Regel die bestehenden Einkommen in seiner Höhe ersetzen. Wer z.B. heute 6000 Franken verdient, würde mit einem Grundeinkommen von z.B. 2200 Franken dann im Prinzip noch 3800 Franken durch seine Arbeit verdienen. Mit dem Grundeinkommen hätte er das gleiche Einkommen insgesamt wie vorher. Es geht nicht um mehr Geld. Nur wer heute weniger hat, als das Grundeinkommen, hätte dann mehr. Wer also heute nur 2000 Franken erhält aus Sozialleistungen oder Erwerbsarbeit, hätte dann mit dem Grundeinkommen von 2200 Franken mehr als jetzt. Das ist wichtig zum Verstehen der Idee. Das Grundeinkommen würde in die bestehenden Einkommen hineinwachsen. Wie hoch die Erwerbseinkommen dann tatsächlich sind, ist eine Verhandlungssache. Im Prinzip aber sinken sie um die Höhe des Grundeinkommens. Das Wesentliche aber ist: in der Höhe des lebensnotwendigen ist ein Einkommen bedingungslos. Das ist das Grundeinkommen.
Es ist keine Geldvermehrung, sondern vermehrt die persönliche Entscheidungsfreiheit. Oder anders gesagt: es verringert die Abhängigkeiten. Wenn jeder aus demokratischem Beschluss über ein existenzsicherndes Einkommen ohne Zwang und Bevormundung verfügen kann, dann wird sich einiges verändern.
Im Niedriglohnbereich müsste sich die Wertschätzung der Arbeit ihrem tatsächlichen Wert anpassen und bessere Löhne gezahlt werden, weil niemand mehr mit seiner Existenz zu erpressen wäre, Arbeit zu jedem Preis anzunehmen. Ob in den Unternehmen, in der Politik, in der Kultur, in der Ökologie und im Privaten, überall würde sich einiges bewegen dadurch. Was das sein könnte? Überlegt man sich das selbst. Dann merkt man schon, wie viel Freude ein Grundeinkommen machen und wie viele neue Ideen und längst gewünschte Lösungen einem da aufgehen. Und darum geht es: Was würde sich ändern in Arbeit und Leben, wenn ich mehr selber entscheiden kann, was ich wirklich will, und wenn ich das zumindest in den Grundzügen vom Geld her auch tun kann?

Nun hätte man dafür gerne Zahlen. Aber die machen erst Sinn und ernähren erst, wenn man die Gründe und den Grundgedanken der Idee verstanden hat. Ansonsten isst man Zahlensalat wie Zahnrädchen. Das klappert im Magen nur und macht nicht satt.

Zu den Zahlen in der Schweiz:

Ein bedingungsloses Grundeinkommen für alle (angenommen Erwachsene 2200.- und Kinder 1000.- p.m.) ergibt eine Summe von 180 Mrd., rund 1/3 des Bruttoinlandproduktes von 540 Mrd.
Nun ist die Frage, in welchen Bereichen und in welcher Höhe das Grundeinkommen die bestehenden Einkommen ersetzen würde? Oder anders gefragt: wieviel der Gesamtransfersumme von 180 Mrd. wäre noch nicht und deshalb zusätzlich zu finanzieren?

Wir unterscheiden dabei 2 Bereiche:

1. Wie viel würde das Grundeinkommen von den heute bestehenden stattlichen Transferleistungen in Höhe von133 Mrd. ersetzen? Nur rund 50 Milliarden! Denn einen großen Teil der heutigen Transferleistungen könnte das Grundeinkommen nicht ersetzen. Die Pensionsansprüche, alle gesundheitlichen Transferzahlungen sowie Beträge, die über die Höhe des Grundeinkommens hinaus liegen, beispielsweise der Betrag der Arbeitslosenzahlungen, der mehr als das Grundeinkommen ist, würden nicht ersetzt.
2. Wie viel würde das Grundeinkommen von den bestehenden Erwerbseinkommen ersetzen? Es gibt dabei 3 Kategorien.
a) Bei Erwerbseinkommen über 52'000.- p.a. würde das Grundeinkommen in den meisten Fällen ganz ersetzend wirken. Das ist bei ca. 3 Mio. Erwerbstätigen der Fall und ergibt eine Summe von 79 Mrd.
b) Bei Erwerbseinkommen unter 52'000.- p.a. rechnen wir damit, dass das Grundeinkommen nur etwa zur Hälfte ersetzend wirkt. Das ist bei 1.3 Mio. Erwerbstätigen der Fall und ergibt eine Summe von 17 Mrd.
c) Bei Kinder und Jugendlichen rechnen wir ebenfalls damit, dass das Grundeinkommen nur rund zur Hälfte ersetzend sein wird. Das ergibt eine Summe von 9 Mrd.

Jetzt können wir rechnen:
180 Mrd. Transfervolumen Grundeinkommen
50 Mrd. ersetzend bei den bestehenden staatlichen Transferleistungen
79 Mrd. ersetzende in den normalen und hohen Erwerbseinkommen
17 Mrd. ersetzende in den niedrigen Erwerbseinkommen
9 Mrd. ersetzend bei Kinder und Jugendlichen



Es bleibt übrig eine Summe von rund 25 Mrd.!
Das sind 5% des Bruttoinlandproduktes.
Wir sagen - ich glaube mit gutem Grund - das ist machbar!
Aber nur wenn man will. Und wollen muss man mehr Entscheidungsfreiheit für den Einzelnen. Wer das nicht will, es sich gar nicht erst vorstellen mag, der sagt, es sei eine Utopie. Vielleicht eine sympathische Vision, aber leider, leider könne man das nicht finanzieren. Oder er bereitet einen Zahlensalat zu, bei dem es 12,60 Franken pro Mensch und Tag zum Essen gibt.


Daniel Häni

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09 September 2010

Gespräche über Morgen




In Hamburg im Kulturzentrum Kampnagel (Deutschlands größte freie Spiel- und Produktionsstätte) starten am 23. September die "Gespräche über Morgen".

Donnerstag, 23. September, 19.00
KAPITALISMUS und GRUNDEINKOMMEN
Im Gespräch:
Wolfgang Engler, Soziologe
Gabriele Fischer, Cherfradaktorin brand eins
Daniel Häni, Unternehmer
Amelie Deuflhardt, Kampnagel-Intendatin

Freitag, 15. Oktober, ab 15.00
ARBEIT und GRUNDEINKOMMEN
Im Gespräch:
Susanne Wiest, Grundeinkommen im Bundestag
Katja Kipping, MdB die Linke
Adrienne Goehler, Autorin (1000 Euro für Jeden)
Christian Rickens, Journalist und Schriftsteller
Ingrid Hohenleitner, Hamburgisches WeltWirtschaftsInstitut
Kerstin Möller, Evangelische Frauen in Deutschland
Prof. Dr. Thomas Hut, Ökonom der Universität Lüneburg
Dr. Jürgen Herrmann, Evangelische Akademie der Nordelbischen Kirche
Prof.Dr. Kirsten Baumann, Museum der Arbeit Hamburg
Wolfgang Rose, Verdi

Samstag, 16. Oktober, ab 13.00
MENSCHEN und GRUNDEINKOMMEN
Im Gespräch:
Prof. Götz W. Werner, Unternehmer
Wolfgang Strengmann-Kuhn, MdB Bündnis90/Die Grünen
Sascha Liebermann, Soziologe
Ska Keller, Europaabgeordnete der Grünen
Torsten Meiners, Hinz & Künztler
Ute Fischer, Sozial- und Wirtschaftswissenschaftlerin
Reinhard Kahl, Journalist und Bildungsreformer
Wladimir Kaminer, Autor & DJ
Dorothee Schulte-Basta, Autorin

Flyer als PDF

06 September 2010

"Lob der Knappheit"







Bilder von oben:
Dr. Rainer Hank, Ressortleiter Wirtschaft der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung
Gemälde "Schlaraffenland", 1567, von Pieter Bruegel
Götz Werner, Unternehmer, legt ab zum Rudern


Konfrontation. Hörenswert.

Nicht oft wird die Struktur so deutlich, die als ehernes Gerüst in aller Auffassung gegen das Grundeinkommen steht.
Verführerisch sei die Idee des Grundeinkommens, sagt Rainer Hank. Doch wenn schon, ist die Gedankenführung seiner Vorstellungswelt das auch. Und hat schon viel mehr verführt. Immer mit dem Anspruch, dem nahe zu sein, wie die Realität nun einmal wirklich ist. Und sowieso und fraglos auch schon immer war. Ganz unbesehen, wie es für Millionen von Menschen heute im wirklichen Leben ist. Von Zukunft gar nicht erst zu sprechen.
Doch gelingt Rainer Hank das Auftreiben der Matrix gegen das bedingungslose Grundeinkommen in diesem Streitgespräch so krass, dass es vielleicht weniger um den unmittelbaren Widerspruch geht als darum, dies als ein Grundlagenwerk zum Verstehen der strukturellen Gegnerschaft zu nehmen.

Zu diesem Zweck stellen wir hier das Gespräch als redigierte Abschrift zur Verfügung.

Grundlegendes zum Verständnis der Gegnerschaft


Die Tonaufnahme des Gespräches finden Sie hier: Brüderlichkeit und Grundeinkommen; wie funktioniert heute Solidarität?

Interview mit Daniel Häni & Enno Schmidt in München

Interview Daniel Häni & Enno Schmidt from Grundeinkommen München on Vimeo.

04 September 2010

Da capo: im Gespräch




Als im Herbst 2009 an verschiedenen Universitäten weltweit die Studenten auf die Barrikaden gingen, hing im Ausgangspunkt der Revolte, in der Universität zu Wien, ein Transparent mit dem Satz: "Was würden Sie arbeiten, wenn für Ihr Einkommen gesorgt wäre?" Den Satz pflegt Daniel Häni schon lange sich und anderen als Frage zu stellen. Nun war er Auslöser für Michael Kerbler, Daniel Häni im Rahmen der GLOBArt Academy in Wien zum Radiointerview zu bitten.

Hier ist es zu hören: Da capo: im Gespräch

Und es gab noch einen aktuellen Anlass: in Österreich wird ab September 2010 die Mindestsicherung eingeführt. Kein alleinstehender Erwachsener soll unter ein Gesamteinkommen von 744 Euro rutschen. Für Kinder beträgt die Mindestsicherung 134 Euro. Davon muss alles bezahlt werden. Nur die obligatorische Krankenversicherung wird noch oben drauf spendiert. Voraussetzung: bedingungslose Jobwilligkeit. Von 744 Euro kann keiner lange leben. Soll er oder sie auch nicht.
Bedingungslose 1500 Euro für jeden als Grundeinkommen, das klingt schon anders.
"Aber", fragt Michael Kerbler, "warum, Lieber Herr Häni, frage ich mich, soll ich noch arbeiten, wenn ich 1500 Euro Grundeinkommen habe?"
"Und? Was ist Ihre Antwort?" erwidert Herr Häni. "Ich kann die Frage nicht für Sie beantworten. Ich möchte, dass jeder sie sich selbst beantwortet."
Dumm findet Herr Häni es, wenn man den Leuten nur maximal 744 Euro zugesteht, so dass sie ständig das Geld im Kopf haben müssen, in ihrer Aktivität behindert sind, Junk-Produkte kaufen müssen, kein Geld da ist für qualitativen Konsum. Denn: produziert werden kann genug.

Das Grundeinkommen, gesteht Herr Kerbler, sei für das Gedankengebäude der Mindestsicherung ein Brecheisen. Das Grundeinkommen, sagt Häni, fordert auf, den Begriff der Arbeit wieder freizuschaufeln – was auch schon Arbeit sei. Arbeit, die nicht unbedingt mit Lohn gekoppelt ist. "Wir müssten eine Kultur neu erfinden, wo es um Sinnmaximierung geht."
Was sich mit dem Grundeinkommen in den Unternehmen ändern würde, erklärt der Unternehmer Häni, wie sich die Altersvorsorge entspannen würde und damit auch die Geldanlage in Fonds, die zu Finanzkrisen führen.
Und die Finanzierung des Grundeinkommens? Die Konsumsteuer? Umverteilung? Die Reichen, die Armen? Seit 100 Jahren, sagt Daniel Häni, versuche man eine Gerechtigkeit herzustellen durch progressive Ertragsbesteuerung. Doch die Schere zwischen Reich und Arm gehe immer weiter auf. Zudem sei es eine Illusion zu meinen, Unternehmen zahlten Steuern, Angestellte und Selbständige zahlten Steuern. Alle Steuern sind in die Preise eingerechnet. Daher kommt das Geld. Schon heute trägt alle Steuer immer der Konsument.
Letzte Frage: " Worauf, Herr Häni, kommt es im Leben wirklich an?"
D. Häni: "Dass man tut, was man wirklich will."