19 September 2010

Blick und SonntagsZeitung thematisieren das Grundeinkommen

In der SonntagsZeitung
Ein nüchternes, blickerweiterndes, sachliches Interview mit Götz Werner:
«Das ist Unsinn. Arbeit muss man erledigen, nicht sichern»
Von Philip Löpfe

Im Blick
Ein reisserischer, blickverdrehender, unsachlicher Bericht:
"Wird man wirklich für 12.60 Franken am Tag satt?"
Von Werner Vontobel

Zum Verständnis von Zahlen zum Grundeinkommen:
Das Grundeinkommen würde in der Regel die bestehenden Einkommen in seiner Höhe ersetzen. Wer z.B. heute 6000 Franken verdient, würde mit einem Grundeinkommen von z.B. 2200 Franken dann im Prinzip noch 3800 Franken durch seine Arbeit verdienen. Mit dem Grundeinkommen hätte er das gleiche Einkommen insgesamt wie vorher. Es geht nicht um mehr Geld. Nur wer heute weniger hat, als das Grundeinkommen, hätte dann mehr. Wer also heute nur 2000 Franken erhält aus Sozialleistungen oder Erwerbsarbeit, hätte dann mit dem Grundeinkommen von 2200 Franken mehr als jetzt. Das ist wichtig zum Verstehen der Idee. Das Grundeinkommen würde in die bestehenden Einkommen hineinwachsen. Wie hoch die Erwerbseinkommen dann tatsächlich sind, ist eine Verhandlungssache. Im Prinzip aber sinken sie um die Höhe des Grundeinkommens. Das Wesentliche aber ist: in der Höhe des lebensnotwendigen ist ein Einkommen bedingungslos. Das ist das Grundeinkommen.
Es ist keine Geldvermehrung, sondern vermehrt die persönliche Entscheidungsfreiheit. Oder anders gesagt: es verringert die Abhängigkeiten. Wenn jeder aus demokratischem Beschluss über ein existenzsicherndes Einkommen ohne Zwang und Bevormundung verfügen kann, dann wird sich einiges verändern.
Im Niedriglohnbereich müsste sich die Wertschätzung der Arbeit ihrem tatsächlichen Wert anpassen und bessere Löhne gezahlt werden, weil niemand mehr mit seiner Existenz zu erpressen wäre, Arbeit zu jedem Preis anzunehmen. Ob in den Unternehmen, in der Politik, in der Kultur, in der Ökologie und im Privaten, überall würde sich einiges bewegen dadurch. Was das sein könnte? Überlegt man sich das selbst. Dann merkt man schon, wie viel Freude ein Grundeinkommen machen und wie viele neue Ideen und längst gewünschte Lösungen einem da aufgehen. Und darum geht es: Was würde sich ändern in Arbeit und Leben, wenn ich mehr selber entscheiden kann, was ich wirklich will, und wenn ich das zumindest in den Grundzügen vom Geld her auch tun kann?

Nun hätte man dafür gerne Zahlen. Aber die machen erst Sinn und ernähren erst, wenn man die Gründe und den Grundgedanken der Idee verstanden hat. Ansonsten isst man Zahlensalat wie Zahnrädchen. Das klappert im Magen nur und macht nicht satt.

Zu den Zahlen in der Schweiz:

Ein bedingungsloses Grundeinkommen für alle (angenommen Erwachsene 2200.- und Kinder 1000.- p.m.) ergibt eine Summe von 180 Mrd., rund 1/3 des Bruttoinlandproduktes von 540 Mrd.
Nun ist die Frage, in welchen Bereichen und in welcher Höhe das Grundeinkommen die bestehenden Einkommen ersetzen würde? Oder anders gefragt: wieviel der Gesamtransfersumme von 180 Mrd. wäre noch nicht und deshalb zusätzlich zu finanzieren?

Wir unterscheiden dabei 2 Bereiche:

1. Wie viel würde das Grundeinkommen von den heute bestehenden stattlichen Transferleistungen in Höhe von133 Mrd. ersetzen? Nur rund 50 Milliarden! Denn einen großen Teil der heutigen Transferleistungen könnte das Grundeinkommen nicht ersetzen. Die Pensionsansprüche, alle gesundheitlichen Transferzahlungen sowie Beträge, die über die Höhe des Grundeinkommens hinaus liegen, beispielsweise der Betrag der Arbeitslosenzahlungen, der mehr als das Grundeinkommen ist, würden nicht ersetzt.
2. Wie viel würde das Grundeinkommen von den bestehenden Erwerbseinkommen ersetzen? Es gibt dabei 3 Kategorien.
a) Bei Erwerbseinkommen über 52'000.- p.a. würde das Grundeinkommen in den meisten Fällen ganz ersetzend wirken. Das ist bei ca. 3 Mio. Erwerbstätigen der Fall und ergibt eine Summe von 79 Mrd.
b) Bei Erwerbseinkommen unter 52'000.- p.a. rechnen wir damit, dass das Grundeinkommen nur etwa zur Hälfte ersetzend wirkt. Das ist bei 1.3 Mio. Erwerbstätigen der Fall und ergibt eine Summe von 17 Mrd.
c) Bei Kinder und Jugendlichen rechnen wir ebenfalls damit, dass das Grundeinkommen nur rund zur Hälfte ersetzend sein wird. Das ergibt eine Summe von 9 Mrd.

Jetzt können wir rechnen:
180 Mrd. Transfervolumen Grundeinkommen
50 Mrd. ersetzend bei den bestehenden staatlichen Transferleistungen
79 Mrd. ersetzende in den normalen und hohen Erwerbseinkommen
17 Mrd. ersetzende in den niedrigen Erwerbseinkommen
9 Mrd. ersetzend bei Kinder und Jugendlichen



Es bleibt übrig eine Summe von rund 25 Mrd.!
Das sind 5% des Bruttoinlandproduktes.
Wir sagen - ich glaube mit gutem Grund - das ist machbar!
Aber nur wenn man will. Und wollen muss man mehr Entscheidungsfreiheit für den Einzelnen. Wer das nicht will, es sich gar nicht erst vorstellen mag, der sagt, es sei eine Utopie. Vielleicht eine sympathische Vision, aber leider, leider könne man das nicht finanzieren. Oder er bereitet einen Zahlensalat zu, bei dem es 12,60 Franken pro Mensch und Tag zum Essen gibt.


Daniel Häni

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5 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Herzlichen Dank!
Das finde ich erhellend!

Anonym hat gesagt…

also das versteh ich leider überhaupt nicht - wieso soll das grundeinkommen bei höheren einkommen mehr ersetzen, als bei niedrigeren .. es müsste doch genau umgekehrt sein... wenn jemand 4000 franken verdient ersetzen es 2200 franken grundeinkommen vollständig? und wenn jemand nur 2000 verdient wird es durch 2200 nicht ersetzt?? eh.. versteht mich nicht falsch ich bin ein verfechter des grundeinkommens..und er text ist auch ganz gut.. aber der gesamte teil, über: welchen teil des bestehenden einkommens das bge ersetzten würde, ist für mich logisch genau verdreht.. entweder hab ich da einen denkfehler gerade oder Hr. Häni einen ausführungsfehler..
lg

Daniel Häni hat gesagt…

lieber herr oder frau anonym

das grundeinkommen ersetzt bestehendes einkommen in seiner höhe.
wenn sie 4000 einkommen haben ersetzt das grundeinkommen in seiner höhe von 2200 das bestehende einkommen. sie haben dann 2200 grundeinkommen, 1800 weiteres bestehendes einkommen und nachwievor ein gesamteinkommen von 4000.

beste grüsse, daniel häni

hudy99 hat gesagt…

Ich selbst bin befürworter des bedingungslosen Grundeinkommens und möchte mich an dieser Stelle einmal für die Arbeit bedanken, die Daniel Häni und Enno Schmidt in ihren Film investiert haben.

Der Gedanke der in dem Film vermittelt wird finde ich absolut seriös und sehr zukunftsweisend und sozial. Endlich mal Menschen, die nicht gedanklich in einem System gefangen sind, das weder naturgegeben noch besonders lebenswert ist.

Was die Berechnung der Finazierung des BGE angeht, so sollte man sich nicht in Zahlen verwickeln. Verstehen kann man diese sowieso nicht, weil man nicht die Nebenwirkungen des BGE und der damit verbundenen Finanzierung voraussehen kann.

Es wird zurecht immer nach Beweisen für die Finanzierbarkeit gefragt. Dabei ist die Frage eigentlich obsolet. Der Beweis für die Nichtfinanzirbarkeit des jetzigen bismarkchen Sozial-Systems ist längst erbracht. Es ist nur noch eine Frage der Zeit bis es vollends zusammengebrochen ist. Was bleibt also übrig als sich nach anderen Ufern umzusehen? Je mehr man in das jetzige System hineinstecken wird um so mehr wird es kosten.

Für mich stellt sich als einzige Frage ob es möglich ist so viele Menschen und Maschinen zu motivieren bei einem BGE zu arbeiten, das damit alle Bedürfnisse der Menschen befriedigt werden können. Je mehr man arbeitet um so mehr Bedürfnisse kann man befriedigen. Das sollte genug Antrieb sein.

Geld - spielt dabei keine Rolle. Geld ist Mittel zum Zweck der Ausbeutung - nichts weiter.

Mit freundlichem Dank,
Heinz Schumacher
www.precapture.de

Eenadu hat gesagt…

That is awesome. Great job. Thanks for sharing.